Müssen Orang-Utans für unsere Pommes sterben?

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Regenwald-ZerstörungMüssen Orang-Utans für unsere Pommes sterben?

Der Bund will die Zollschranken für umstrittenes Palmöl aus Malaysia senken. Umweltschützer sagen, das gefährde das Leben von Primaten.

Isabel Strassheim
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Isabel Strassheim

Der Kampf um den Regenwald entscheidet sich auch mit dem Öl, das Schweizer Restaurants für Pommes frites verwenden: Fritieren sie weiter mit Rapsöl aus der Schweiz oder bald mit billigerem Palmöl aus Malaysia? Für das umstrittene Öl aus Asien dürften nämlich bald die Zolltarife sinken und es könnte zwei- bis dreimal billiger werden. Der Bund will noch dieses Jahr ein Freihandelsabkommen mit Malaysia abschliessen, wie Seco-Sprecher Fabian Maienfisch zu 20 Minuten sagt.

Zum Kern des Abkommens zwischen Malaysia und den Efta-Staaten (Schweiz, Island, Liechtenstein, Norwegen) gehört die erleichterte Einfuhr von Palmöl, dem einzigen wichtigen Exportgut Malaysias. Durch die hohen Importzölle ist Palmöl aktuell fast gleich teuer wie Schweizer Raps- oder Sonnenblumenöl. Entfällt der Zoll, würde es billiger und deswegen auch von vielen bevorzugt – auch wenn Palmöl wegen seines hohen Gehalts an gesättigten Fettsäuren zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislaufkrankheiten beitragen soll.

Sind Wirtschaftsinteressen wichtiger als der Regenwald?

Nebst den Gesundheitsexperten sorgen sich aber vor allem die Umweltschützer: Um Palmölplantagen anzulegen, wird in Malaysia grossflächig Regenwald abgeholzt und abgebrannt. Gemäss dem UNO-Umweltprogramm ist der Anbau von Ölpalmen der wichtigste Grund für den Raubbau am Regenwald in dem Land. Nebst einheimischen Völkern werden dabei auch Tiere wie Orang-Utans vertrieben und ihrer Lebensgrundlage beraubt. «Der Bund ist sich der Problematik des Palmöls bewusst, will das aber aus wirtschaftlichen Interessen in Kauf nehmen», kritisiert Johanna Michel vom Bruno-Manser-Fonds.

Der Bundesrat hält dagegen, er fördere das Nachhaltigkeitslabel RSPO für Palmöl und unterstütze damit Umwelt- und Sozialstandards in Malaysia. Für Greenpeace-Sprecher Yves Zenger ist das ein «Etikettenschwindel», denn das Label sei viel zu wenig transparent: «Es lässt sich nicht in jedem Fall zurückverfolgen, woher das Palmöl stammt.» Bevor es zu Handelserleichterungen komme, müsse es lückenlose Transparenz über die Anbaubedingungen geben. «Andernfalls ist zu befürchten, dass die Urwald- und Torfbodenzerstörung weiter angekurbelt wird und noch mehr Lebensraum für Orang-Utans verloren geht.»

Schweizer Bauern bangen um Rapsölproduktion

Auch für Schweizer Bauern würde es mit dem neuen Abkommen eng: Für rund 6300 Bauernfamilien macht die Rapsöl-Produktion einen wichtigen Einkommensanteil aus. Raps ist im Austausch zu Getreide und Mais unabdingbar, um die Böden zu schonen. In der Schweiz werden so jährlich rund 82'000 Tonnen Rapsöl produziert, erklärt Andrea Koch vom Schweizerischen Getreideproduzentenverband. Sein Anteil beim Verbrauch in der Schweiz beträgt unter allen Pflanzenölen aktuell ein Viertel.

«Sinkt die Zollschranke, wird speziell das Rapsöl zum Frittieren per sofort und komplett ersetzt werden», sagt Koch. Das wären 21'000 Tonnen. Bei den restlichen gut 60'000 Tonnen für den Verkauf im Gross- oder Detailhandel sei ein Preisverfall zu erwarten. «Je nachdem wie stark die Preise sinken, lohnt sich für die Bauern der Anbau dann nicht mehr», sagt Koch.

Palmöl bei Nestlé unter der Lupe

Laut Seco dürfte der Zoll für Palmöl aus Malaysia mit dem Freihandelsabkommen zwar sinken, aber nicht komplett entfallen. Die Schweizer Zugeständnisse beim Palmöl seien mit der Schweizer Agrarpolitik vereinbar, betont Maienfisch.

Auch Nestlé stand wegen dem Palmöl in seinen Kitkat-Riegeln und Maggi-Suppen immer wieder öffentlich in der Kritik. 2010 hatte der Konzern kein Öl mehr vom indonesisichen Hersteller Sinar Mas bezogen, nachdem Greenpeace anprangerte hatte, dass «jeder Biss in einen Kitkat-Riegel das Leben der letzten Orang-Utans noch ein bisschen mehr» zerstöre. Dieses Frühjahr nun stellte Nestlé den Kauf von Palmöl vom zweitgrössten Hersteller aus Malaysia, IOI, wegen illegaler Urwald-Brandrodung teilweise ein. Kellog's, Mars und Unilever zogen sich von IOI gänzlich zurück.

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